Jetzt sind wir doch mitten in Santiago, wo wir nicht hinwollten, wegen der politischen Unruhen. Doch es ist zur Zeit alles ruhig hier und die Stadt pulsiert wie ehe und je. Durch die Urlaubszeit ist alles etwas entspannter. Der Verkehr ist schnell und die Straßen empfinden wir als sehr eng, obwohl die großen Straßen alle mehrspurig sind, fühlt man sich eingeschränkt. Berlin hat da sehr viel mehr Luft links und rechts und auch die Fahrspuren sind etwas breiter. Santiago mit seinen über 7 Mio. Einwohnern ist eine sehr grüne Stadt mit vielen Bäumen, Rasenflächen und straßenbegleitenden Grün alles wunderbar gepflegt, trotz der großen Hitze bis zu 37°C. Jetzt geht es mit 28°C, es ist sehr erträglich. Nachts geht die Temperatur bis auf 13°C zurück, denn immerhin liegt die Stadt ca. 700 m hoch.
Doch nun zurück nach Iquique, wo wir einige Wochen verbracht hatten. Weihnachten feiern wir bei Jessica und Raul im Familienkreis.
Sylvester feierten wir bei Freunden von Raul auf der Dachterrasse auf dem 23. Stockwerk des Hochhauses, wo sie ihre Wohnung haben. Von hier aus hatten wir einen sehr schönen Überblick über die gesamte Stadt sowie über das Meer. Feuerwerk, welches für gewöhnlich von der Stadt ausgerichtet wurde, gab es leider nicht, wegen der politischen Unruhen. Jegliches privates Feuerwerk und Knallerei waren verboten. Natürlich sahen wir hier und da ein kleines Feuerwerk und auch einige Knallereien, aber es hielt sich alles in Grenzen.
Für uns war die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr entspannend, doch für alle anderen sehr geschäftig, wie in Deutschland. So gab es erst wieder im neuen Jahr einige Asados in gemütlicher Runde.
Die Spaziergänge am Strand wurden in diesem Jahr etwas reduziert, da Uta zwar wieder gut auf den Beinen nach dem Beinbruch war, doch die Reste eines Nervengiftes der letzten Narkose, wo sie die 12 Nägel aus dem Fuß entfernen ließ, machen ihr doch noch zu schaffen, so daß längeres Laufen nicht möglich ist. Die vom chilenischen Arzt verordneten Medikamente zum Ausleiten von Giften wurden also wieder aktiviert. Eine Besserung ist ganz langsam zu spüren. Es dauert natürlich eine ziemliche Weile, ehe sich der Körper wieder stabilisiert.
Wir warteten derweil geduldig auf den Mechaniker, der dann endlich am 14.01.2020 erschien. Der Ventilatorblock wurde ausgebaut und anschließend der defekte Ventilator. Ergebnis der äußere Ferritmagnet im Motor war an mehreren Stellen gebrochen. Also mußte ein neuer Ventilator gleicher Größe gefunden werden. Oskar, unser Mechaniker erschien drei Tage später mit den Ventilatorblock, in den er einen neuen Ventilator bereits eingebaut hatte. Nachdem wir nach Rücksprache mit unsrem Mechaniker Herbert, in Villa General Belgrano, auch noch die defekte 50 A Sicherung gefunden hatten, die für die Ventilatoren zuständig ist, diese repariert hatten, liefen die Ventilatoren wieder kurz an als der Motor endlich die entsprechende Temperatur hatte.
Am nächsten Tag verlief die Probefahrt auf der erst kürzlich eröffneten neuen Straße hoch nach Alto Hospicio, das 1000 m höher als Iquique liegt, zur vollsten Zufriedenheit. Die Ventilatoren kühlten erfolgreich.
Am 15.01.2020 wollten wir in die Berge ins Thermalbad. Durch Oskar verschob sich unsere Abfahrt. So planten wir für den 21.01.2020 die Abreise. Vorher war am Montagnachmittag noch ein Zahnarztbesuch fällig, bei dem Uta ihre Krone wieder einsetzen lassen wollte. Dementsprechend wurde am Montag eingekauft, Geld getauscht um den Campingplatz zu bezahlen. Anschließend wollten wir dann weiter nach Argentinien ins Thermalbad Fiambalá. Wir hatten alles erledigt und noch Zeit, da der Termin beim Zahnarzt erst um 16:00 Uhr angesetzt war. An der mit drei Hochhäusern bebauten Landzunge parkten wir vor einem Lokal unseren Wagen, um kurz am Meer einige Fotos zu machen.
Als wir nach zehn Minuten zurückkamen, fanden wir die zerschlagene Beifahrerscheibe vor. Ein Einbruch, der nicht länger als drei Sekunden dauerte. Unglücklicherweise befand sich zwischen den Sitzen, mit einem Geschirrtuch abgedeckt, Utas, für den Zahnarzt vorbereitete Handtasche mit dem Paß, Handy, getauschtem Geld, und dem der Krone. Der Dieb griff nur zu, er wußte nicht, was er griff. Das gleiche passierte am nächsten Tag bei einem anderen einheimischen Pkw mit abgedunkelten Scheiben, sieben Parkplätze weiter, wie uns die Bedienung des Lokals später mitteilte.
Vom Lokal aus wurde die Polizei gerufen. Ein Gast stellte Uta für ihren PC einen Hotspot von seinem Handy zur Verfügung, damit sie Raul per Mail benachrichtigen konnte. Wir erhielten auf den Schreck erst einmal ein kaltes Glas Wasser von der Bedienung des Lokals. Alle waren sehr hilfsbereit.
Als die Polizei nach einer Stunde immer noch nicht erschien, erklärte sich eine Frau, die gerade während des Überfalls das Lokal als Gast betreten hatte, bereit Uta zum Präsidium der Kriminalpolizei zufahren. Als Zeugin erklärte sie dort später der Polizei, wie der Überfall ablief. Es kamen zwei Pkw angefahren, die vorher in unsere Nähe gewendet hatten. Der erste fuhr als Sichtschutz etwas vor den Bus, das zweite Auto direkt vor unseren Bus. Aus diesem sprang ein Mann, zerschlug die Scheibe, hangelte sich hinein, griff was er fassen konnte und machte sich auf den Rückzug. Alles blitzschnell.
Bei der PDI (Kripo) erhielt Uta eine Bescheinigung die den Verlust des Passes zum Inhalt hatte. Bei mir erschienen nach anderthalb Stunden zwei Polizisten die sich den Einbruchsort anschauten. Ich teilte ihnen mit, daß Uta bereits zum Präsidium unterwegs sei. Das war offensichtlich nur eine normale Streife, denn nach einer weiteren halben Stunde erschienen wieder zwei Polizisten, die dann auch per Funk eine Rücksprache hielten. Mehr als ein Foto konnten sie auch nicht machen.
Später kam Raul vorbei und auch Matias, der ganz in der Nähe arbeitete. Raul fuhr dann nach Hause um später mit einem gebrauchten Handy wieder zurückzukommen. So hatten wir nun wieder eine Verbindungsmöglichkeit außerhalb des WLAN-Bereiches. Unsere Abfahrt war damit auf unbestimmte Zeit verschoben.
Am nächsten Tag fuhren wir erneut zur PDI. Es wurden noch einige Bilder vom Auto gemacht und von der regulären Polizei wurde ebenfalls noch einmal ein Protokoll des Diebstahls aufgenommen. Passieren würde allerdings nicht viel, es sei denn die Polizei solle weiter ermitteln. Das würde einige Wochen dauern und Uta müsse sich dann einen Rechtsanwalt nehmen. Wir wollten nicht in Iquique Wurzeln schlagen und heimisch werden, gab sie ihm daraufhin zu verstehen, sondern Urlaub machen. Dementsprechend wird das Verfahren nicht weiter verfolgt.
So machten wir uns auf die Suche, wie wir das Glas ersetzen könnten. Schon bald stellte sich heraus, daß ein Ersatzglas hier nicht zu bekommen ist. Wir entschieden uns vorerst für eine 5 cm dicke Acylscheibe, die paßgenau von außen eingesetzt wird. Öffnen kann man das Fenster dann nicht. Jedenfalls ist nun die Öffnung geschlossen. Zum Öffnen ist das Fenster im Moment nicht mehr. Nachdem die Scheibe eingesetzt war, fing es doch eine Nacht später zu regnen an. Wie sich auch im nachhinein herausstellte, hatte es die ganze Zeit in den Bergen geregnet. Es hätte uns bestimmt in den Bergen keine große Freude bereitet.
Das alles hielt uns natürlich nicht ab, einen Asado zu machen. so in gemütlicher Runde ist das sehr angenehm. Allerdings ist die chilenische Essenszeit für uns immer noch recht gewöhnungsbedürftig. So wird das Feuer gegen 22:00 Uhr angezündet und wenn dann alles fertig ist, wird mit einem leichten Stück Fleisch oder Würstchen als Vorspeise begonnen und danach gibt es das Hauptgericht. Zum Schluß der Nachtisch, aber dann ist es schon Mitternacht oder später.
Nach dem Kontakt mit Konsulat in Antofagasta stelle sich schnell heraus, daß ein neuer Paß nur im Konsularbereich der Botschaft in Santiago ausgestellt werden könne. Wir könnten jedoch alle erforderlichen Unterlagen per Mail an das Konsulat senden. Was wir dann auch taten und von dort wurden sie weiter an die Botschaft gesandt. Umgehend erhielten wir von dort auch eine E-Mailbestätigung, mit dem Hinweis uns noch einmal zu melden, wenn wir in Santiago wären. Dieses war nun auch erledigt, jetzt war von hier nichts mehr zu veranlassen. Sa machten wir uns am Donnerstag den 30.01.2020 auf den Weg nach Santiago, ca. 1.800 km.
Die Fahrt an der Küste entlang empfanden wir immer als sehr entspannend, obwohl es eine Fahrt durch die Wüste ist. Es geht auf und ab und an der rechten Seite ist immer das Meer.
Am ersten Tag erreichten wir Hornitos und übernachteten am Strand zwischen den schwarzen Zeltburgen der chilenischen Urlauber. Kurz nach unserer Ankunft gesellte sich neben uns eine chilenische Familie, die sich hier häuslich einzurichten versuchte. Versuchte deshalb, weil der Aufbau der beiden Zelte und deren endgültige Stellung eher einer Komödie glich als der Realität. Der Aufbau begann um 17:30 Uhr und als wir um 21:30 Uhr uns zur Ruhe legten, wuselten die sechs Personen immer noch herum. Alles hatte offensichtlich noch nicht seinen endgültigen Platz.
Am nächsten Tag ging es weiter über Tocopilla, Antofagasta, Taltal, Copiapó, Chañaral. Kurz vor Copiapó begann die Autobahn. Es fährt sich seit dem sehr entspannend, lediglich die Mautgebühren steigen jetzt mit jeder Mautstelle, die wir näher an Santiago kommen. Unsere gesamte Strecke verschlang 28,- Euro Maut. Am späten Nachmittag fanden wir schließlich eine sehr ruhige Stelle zum Übernachten. Von hier konnten wir die Landschaft gut übersehen. Der kühle Seewind machte die Hitze erträglich.
Die Küstenregion verließen wir am nächsten Tag und fahren etwas in das Landesinnere, obwohl noch immer Wüste herrscht, sind ab und zu einige Kakteen zusehen. Bei La Sarena/Coquimbó treffen wir wieder auf das Meer. Kurz vor Los Vilos finden wir einen kleinen Parkplatz für Pkws und einigen Lkws. Alles sehr sauber, mit Dusche und WC. Hier beschließen wir zu bleiben, der stets kühle Seewind läßt uns die Hitze bald vergessen.
Von hieraus sind es nur noch 260 km bis nach Santiago und so lassen wir uns am nächsten Tag, es ist schon Sonntag, auch etwas Zeit. Die Landschaft verändert zunehmend ihr Gesicht. Erst wird es steppenartig und danach langsam grüner, der Baumbestand erhöht sich beständig. Um 14:00 Uhr erreichen wir Santiago und durch das sehr gut ausgebaute Autobahnnetz gelangen wir früher ans Ziel als geplant.
Am Montag suchen wir nach kurzer Ankündigung die deutsche Botschaft auf und Uta kann nach kurzer Wartezeit ihren neuen Paß mitnehmen. Die Vorarbeit hat sich gelohnt und das deutsche Ordnungsamt hat schnell reagiert und die Daten nach Santiago gesandt. So geht jetzt alles problemlos.
Durch die Hilfe unserer Freunde hier in Santiago gelangen wir, quer durch Santiago, schnell zu einer Werkstatt, fast im Zentrum der Stadt, die die Beifahrerscheibe nach dem Muster der an der Fahrerseite vorhanden Scheibe neu gießen wird. Wir verlassen die Werkstatt also ohne fahrerseitige Scheibe. Bisher übernachteten wir auf einem kleinen öffentlichen Parkplatz vor dem Condominio. Ohne Scheibe stellt uns daraufhin ein Nachbar unserer Freunde, der uns zu der Werkstatt geführt hatte, seinen freien Parkplatz zur Verfügung. Hier können wir auch zwei Nächte verbringen, aber danach regte sich ein anderer Nachbar darüber auf, daß Fremde im Condominio stehen und wir müssen wieder auf die Straße zurück. Ja, die Menschen mit Eigentumswohnungen sind hier und auch in Deutschland sehr speziell. Zum Glück wird im Sichtbereich des Pförtners ein Besucherplatz frei und so ist das für uns auch kein Problem, da wir das offene Fenster und die weiteren Fenster vorne mit dem Sonnenschutz aus Aluminium abdecken.
Am Mittwoch also wieder zur Werkstatt. Nach einiger Wartezeit wurde uns mitgeteilt, die Scheibe sei fertig, jedoch in der Biegung gibt es eine kleine Spannungen, die über kurz oder lang zum Bruch führen wird. Es müsse eine neue Scheibe gegossen werden, morgen um 12.00 Uhr sollen wir wieder kommen dann sei alles in Ordnung. Also wieder zurück. Auf dem Rückweg müssen wir an der Plaza Baquedano vorbei und dort werden alle Autofahrer, immerhin ist die Fahrbahn 3 spurig, von voll vermummten Demonstranten behindert, die mit Feuerlöschern sprühen und die Straße versperren, gestoppt und um Geld angegangen. Die meisten biegen rechts oder links ab. Auch wir biegen rechts ab, als es mir zu dumm wurde. So gelangen wir über einen kurzen Umweg wieder auf die gewünschte Route. Die U-Bahn hält an dieser Station auch nicht, sie fährt durch.
Donnerstag, es geht erneut zu der Werkstatt, die beiden Scheiben werden schnell eingebaut und damit ist alles wieder in Ordnung. Auf dem Rückweg fahren wir wieder über die Plaza Mquedano, weil es noch etwas früher ist. Dennoch werden wir, nachdem wir den Platz schon umrundet haben, kurz vor dem Abbiegen unfreundlich um Geld angegangen. Wir verstehen nichts, beim Anfahren wir mir dann gewaltsam die Fahrertür aufgerissen und der Typ entfernt sich. Nun ja, mit den Methoden kann man wahrlich nicht viel zum Guten verändern. Erstaunlicherweise ist unser Besucherparkplatz noch frei, so daß wir wieder unter „Aufsicht“ schlafen.
Morgen geht weiter nach Chillán.